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Die Weltmeisterschaft am Kap: Richtig schön Fußball!

Fussball WM 2010 in SüdafrikaMancher wird sich in zwanzig, dreißig Jahren wundern, wie viele Südafrikaner mit Vornamen Sepp heißen. Held des Jahres ist hierzulande kein Kicker, sondern eindeutig der FIFA-Boss aus dem Wallis - Presse-Glossisten haben ihm gar das Amt des Staatspräsidenten angetragen. Der Blatter Sepp hat es mittels Vorgabe von ein paar Richtlinien in kürzester Zeit geschafft, die Probleme des Landes zu lösen: Kriminalität minimal. Arbeitsplätze jede Menge. Infrastruktur besser als je zuvor. Die Wirtschaft brummt unbeeindruckt durch die globale Krise. Und all das ohne jeden demokratischen Firlefanz!

Aber leider nur temporär. Blatters Hoffentlich - Amtsvorgänger Zuma hatte die Südafrikaner gebeten, "sich vier Wochen lang zu benehmen", und tatsächlich haben sich Verkehrschaos und Kriminalität in engen Grenzen gehalten. Letzteres nicht nur, weil die hiesigen Gangster auch Patrioten sind: Man hat spezielle Schnellgerichte eingesetzt, die Tourismus-relevante Straftaten sofort und knallhart geahndet haben. Für einen einfachen Raub gab's innerhalb von drei Tagen 15 Jahre unbedingten Knast. Dagegen kann zwar später appelliert werden (und muss natürlich, das ist hier ein Rechtsstaat), aber die Abschreckung hat funktioniert. Ohnehin ist die Verbrechensrate höchst relativ, Touristen kriegen davon nichts mit.

fan-artikel-wm-2010Für mich persönlich verlief die WM ebenfalls optimal, was heißt: abwechsungs- und ertragreich. Für die Vorrunde mit täglich mehreren Spielen waren "Coach-hosts" gefragt, also Leute, die auf dem Bus Fans betreuen, die zwischen Flughafen, Hotel und Stadion unterwegs sind. Man wollte sie in Kapstadt nicht einfach durch die Gegend kutschieren, sondern sie von Fachleuten informieren und beraten lassen. Das gab mir die willkommene Gelegenheit, in meinem Südafrika-Englisch mit deutschem Akzent einem Trupp Brasilianer mal genau zu erklären, wie das mit dem Toreschießen geht, und später dasselbe auf Hochdeutsch in einem Bus voller Schweizer. Darauf hatten die gerade gewartet ...

In der K.O.-Runde kam ein deutscher Fabrikant, der zwei amerikanische Geschäftsfreunde zum Viertelfinale nach Kapstadt eingeladen hatte; zum Halbfinale- und Großwild-Gucken flogen sie dann nach Durban weiter. Die beiden Nächte vor dem Spiel verbringen wir im Luxus-Naturreservat Grootbos an der Südküste (ich verlinke das natürlich, um euch den Mund wässrig zu machen.) Geländewagen-Safari in sensationeller Landschaft, dann Massage und Börsenkurs-Debatte auf der Veranda mit Meerblick - ein Tag zum Entspannen, hieß das im Programm, doch abends steht zur Dinner-Zeit das erste Viertelfinale an. Neben dem diensthabenden Zeremonienmeister ist wie selbstverständlich der Eigner der Lodge um das Wohl der Gäste besorgt. Er merkt während des Auftragens eines Zyklus von Vorspeisen, dass bei meiner Truppe jede versäumte Spielminute Weinkämpfe auszulösen droht. Von sich aus bietet er an, den Hauptgang in den Konferenzraum zu verlegen. Zehn Minuten später sitzen wir vor dem Großbildschirm, bei Kerzenlicht an einer blitzdekorierten Tafel, und verschlucken uns fast am Kudu-Steak. Das ist Service!

ayobaIn Kapstadt erwartet uns vor dem Stadion gutgelaunte Hektik. Die Herren Vorstände stülpen sich deutsche Trikots und Mützen über, den Ladies genügt der offizielle DFB-Schal. Ein ähnlich geschürzter FIFA-Kontaktmann händigt die Tickets aus (für mich hat er leider keins mehr übrig) und wir fahren zum Stadion, entlang des "Fan-Walks", auf dem sich eine pausenlos trötende Menschenschlange dahinwälzt. Ich schaue das Spiel in meiner Stammkneipe und sammle hinterher sechs euphorisierte Rotgesichter auf, um sie beim Dinner im Nobelhotel Mount Nelson wieder auf Normaltemperatur einzupegeln.

Noch ein Tag mit Rundfahrt ums Kap der Guten Hoffnung, dann düst die Gesellschaft nach Osten, nicht ohne mir ein Anschluss-Business zu verschaffen. Per Blackberry wird ein Freund, der in umgekehrter Richtung unterwegs ist und aus Johannesburg einfliegt, darauf hingewiesen, dass er keineswegs weiter als Selbstfahrer reisen könne, meine Begleitung sei locker das Fünffache meines Tagessatzes wert. Wie dem auch sei: Zu seinem Glück willigt der Mann ein. Er wäre schon allein daran gescheitert, dass im ganzen Großraum Kapstadt kein Mietwagen mehr aufzutreiben ist. Mit meinem eigentlich nicht mehr markttauglichen Privatvehikel kann ich diese Lücke stopfen.

Es kommt ein amerikanischer Jungunternehmer. Jordan handelt mit leeren Druckerpatronen und macht damit augenscheinlich ein Vermögen. Jedenfalls reicht es, um seine Schönheit mit Juwelen einzudecken - unsere Diamanten sind zwar so teuer wie überall auf der Welt, aber die Goldschmiede arbeiten hier gut und günstig. Sie gehen überhaupt auf fast alles ein, was ich vorschlage: Helikopter fliegen? Ist das billig, wow! Einmal rund um den Tafelberg. Mit der Seilbahn auf den Gipfel, klar - Abseilen von der Bergstation? Klasse, aber dann doch etwas zu exponiert. Weinprobe? Gut, wir besuchen drei Güter, und von jedem gehen ein paar Kisten direkt nach Los Angeles, das ist immer noch billiger als das gleiche Niveau von Mondavi & Co. Am Kap seien doch die besten Restaurants in Südafrika? So ist es.

pappsattIch buche uns ein und bin jeden Abend eingeladen. "Jetzt brauchen wir noch Tickets fürs Halbfinale heute abend. Wo ist denn hier der Schwarzmarkt?" "Keine Ahnung, glaube nicht, dass es sowas gibt. Aber ich bringe euch zum Greenmarket Square, das ist der Flohmarkt." Schwarz und Grün sind beides Nationalfarben, die Kombination wird kaum verkehrt sein. Irgendwie spiele ich in einer anderen Liga, mir fehlt das Gespür für solche Handeleien. Jordan quatscht scheinbar ziellos irgendwelche Leute an und hat ziemlich bald Tickets unter der Nase, die ihm aber zu teuer sind.

Auch einen zweiten Deal im Hotel lehnt er ab: "Man muss einfach am Stadion warten, bis das Spiel angefangen hat, dann kriegen die Scalper die Panik und verkaufen billig, bevor sie gar nichts mehr kriegen." Bitte sehr, ich zeige ihm am Abend den Fan-Walk zum Stadion und überlasse die drei ihrem Schicksal. Feierabend, auf zur Stammkneipe.

Am nächsten Morgen ist die Stimmung verhalten: "Wir sind nicht reingekommen. Weit und breit keine Scalper am Stadion." Ich verkneife mir einen Kommentar. Später lese ich in der Zeitung, dass die Polizei den Schwarzhandel mit rigorosen Methoden ausgetrocknet hat - jedenfalls in Stadionnähe. So viel zum Thema Improvisation.

Vielen Dank für den Bericht an Klaus Minges www.minges.ch

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