Kapstadt.de - Reiseführer für Kapstadt & Südafrika

Kapstadt.de - Logo

Townships in Kapstadt | Südafrika - Foto von Martinv [CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons] - Details im Impressum

Initiation in den Townships von Kapstadt

Initiation in SüdafrikaEin alter Mann erklärte die Initiation einmal so: Kinder in der Pubertät sind wie frisch getrocknete Schakalhäute, die muss man erst gerben und zuschneiden, sonst werden sie hart und unbrauchbar.

So wie wir Brot machen aus Mehl. Hefe und Wasser, das gründlich durchgeknetet wird, so werden in der Pubertät bei unseren Kindern die Ingredienzien des Lebens zusammen getan. Das erfolgt in der Initiationsschule, wo sie gründlich durchgeknetet werden, damit die Brote knusprig, und gut werden.

Bei den Xhosa dauert die Ausbildung der Jungen in der Initiationsschule, der "Vkwaluka" ca. 5 Wochen. Erst durch das Bestehen der Prüfungen wird der Knabe zum Mann, wird er von den anderen Männern und der ganzen Xhosa Gesellschaft als Mann anerkannt.

Vkwaluka bildet einen der Hauptpfeiler der Xhosakultur, unabdingbarer Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. In den Townships von Kapstadt wird dieses Ritual nach den überlieferten Mustern vollzogen, wobei es jedoch dem Stadtleben angepasst wurde. Man richtet sich mit der Bestimmung des Zeitpunktes nach den Schulferien und wandert nicht in die fernen Berge wie im Ost-Kap üblich, sondern sucht sich freie Plätze im Township.

Während den Initiationszeiten kann man von der N2 aus auf den Wiesen neben den Kühltürmen des Kraftwerks Athlone (heute abgerissen), Rundhütten sehen, die für diesen Zweck errichtet wurden und in denen die Jungen leben. Mvuz Roy Dyasi und Alfred Yayo, die dem Ältestenrat einer Kommune in Gugulethu angehören, erzählen uns, wie dieses Ritual bei ihnen abgehalten wird: Der Junge sollte ca. 18 Jahre alt sein. Die Eltern bestimmen, wann der Sohn reif ist für diese Prüfungen und sie in der Lage sind, die anfallenden Kosten zu tragen. Sie müssen das Geld aufbringen für die nicht unerheblichen Gebühren der Lehrer, des Beschneiders und die Zeremonien, für die Verpflegung des Jungen und seines Lehrers in diesen 5 Wochen, für 3 Opferschaafe oder Ziegen und für das Familienfest. Früher haben die Jungen sich als Vertragsarbeiterin den Minen oder Fabriken verdingt, um das nötige Geld zusammen zu bekommen. Heute gehen sie meist noch zur Schule und versuchen in der Freizeit zu jobben, was bei den vielen Arbeitsuchenden schwer ist. Das verdiente Geld wird beim Vater abgegeben, der es verwaltet. Erst wenn genug Geld zusammengekommen ist gehen die Väter zum Ältestenrat um ihren Sohn zur "Vkwaluka" anzumelden.

initiation kapstadt 43Lehrer und Schüler im .Ibohma"

initiation suedafrika 44Rituelle Schlachtung eines SchafesDem Ältestenrat obliegt die Kontrolle über die ordnungsgemäße Durchführung der Rituale. Seine Mitglieder geben ihre Erfahrungen an die Lehrer weiter, so dass diese den Unterricht und die Prüfungen traditionsgemäß durchfuhren können. Die Zeit der Initiation beginnt mit einer Zeremonie, zu der das erste Schaf geopfert wird. Alle Männer der Familie nehmen daran teil und bekommen von dem Fleisch. Der zu verabschiedende Knabe begibt sich dann in Begleitung seines Vaters und der anderen männlichen Familienmitglieder zum Ort der Vkwaluka. Hier muss er sich, zum Zeichen dass er sein altes Leben hinter sich lässt, aller Sachen entledigen.

Ein neuer Abschnitt beginnt. Für die Zeit des Übergangs in der er weder Knabe noch Mann ist, darf er keinen Kontakt zu seiner Familie haben und niemand außer seinem Lehrer darf ihn berühren.

Er ist nur in eine alte Decken gehüllt und erhält einen Stab, der einen traditionellen Jagdstock symbolisiert und später der Ausbildung im Stockkarnpf dient. Diesen Stab reicht der Initiant auch zur Begrüßung anstatt seiner Hand.

initiation suedafrika 45Die erste feste Nahrung nach 7 TagenEigens für die Initiation errichtete Rundhütten, die "lbhoma", werden für die nächsten 5 Wochen sein zu Hause sein. Für jede Hütte ist ein Lehrer zuständig, der seine Schützlinge ständig betreut und unterrichtet. Gleich zu Beginn bemalt er sie, zum Zeichen. dass sie unter dem Schutz der Ahnen stehen, am ganzen Körper mit weißem Kaolin.

In der Hütte wird am Ankunftstag die rituelle Beschneidung durch, einen dazu besonders befähigtes Mitglied des Ältestenrates durchgeführt. Die Wunde wird an den nächsten sieben Tagen durch den Lehrer versorgt.

Diese erste Woche stellt die härtesten Anforderungen an den Initianten. Die Jungen haben Schmerzen und sie bekommen nichts zu trinken, nur ein wenig in Wasser gekochtes Maismehl. um einer Blutung vorzubeugen. Einmal täglich erneuert der Lehrer den Verband und die weiße Bemalung, die Hütte dürfen sie nicht verlassen.ln dieser Zeit lernen sie, Schmerzen, Hunger und Durst zu ertragen, denn dass zeichnet einen Mann aus und befähigt ihn, allen Unbilden des Lebens standzuhalten.

Nach Ablauf der 7 Tage wird ein zweite Fest begangen, an dem alle männlichen Mitglieder der Kommune teilnehmen. Der Initiant darf jetzt seine Hütte verlassen und trinken und essen.

Die schlimmste Zeit ist überstanden. Das 2. Schaf wird geschlachtet und am offenen Feuer gekocht. Als erster darf der Initiant essen, das zähe Fleisch ist seine erste richtige Nahrung seit einer Woche. Das Festmahl ist eröffnet, als nächstes erhalten die Mitglieder des Ältestenrates vom Fleisch und danach können sich die Jüngeren bedienen. Im kalten Winter ist die heiße Fleischbrühe besonders begehrt.

initiation zeremonie 47Nach dem waschen wird der Initiant in neue Decke gehülltIm Anschluss an das Essen wird Umgqombothi, das traditionelle Bier, in der gleichen Reihenfolge wie vorher das Essen gereicht, von dem aber nur die Männer trinken, denn nur Männem ist Alkohol erlaubt.
Erst wenn die Initianten ihre 5-wöchige Lehrzeit beendet haben und sie in die Welt der Männer aufgenommen sind, dürfen sie Alkohol trinken und Sex haben. In den nun folgenden 4 Wochen werden die Jungen von ihren Lehrern über ihre traditionellen Sitten, Gebräuche und verschiedene Rituale unterrichtet.

Einen besonderen Platz nimmt die Ausbildung in einer Geheimsprache ein, die nur von Männern beherrscht und zu besonderen Anlässen angewandt wird. Während der Initiationszeit werden die Schüler von ihren Familien versorgt. Die Lebensmittel werden regelmäßig von Jungen aus der Gemeinde gebracht. Besucher sind die Ausnahme. Nähern sich Gäste dem Gelände, müssen sie sich mit einem langgezogenen Ruf melden, der von allen beantwortet wird. Nach Ablauf der Ausbildungszeit waschen der Vater und der Lehrer dem Jungen die weiße Farbe vom Körper. Anschließend wird er mit Fett abgerieben, um so noch die letzten Partikelchen zu entfernen und er bekommt eine frische Decke. Von seinem Lehrer erhält der Initiant einen neuen Jagdstock mit Knauf, nun ist er fähig und bereit seinen Mann zu stehen und seine Familie zu verteidigen.

initiation township 47 Ist die Schulzeit beendet wird die Hütte verbranntAlle Sachen, die er in den letzten 5 Wochen benutzt hatte, seine alte Decke, sein alter Stab, seine Schuhe, werden zusammen mit der Hütte, in der er vom Knaben zum Mann wurde, verbrannt.

Er lässt seine Kindheit und die Zeit des Übergangs hinter sich und kehrt ohne sich umzuschauen, in Begleitung seines Vaters und der männlichen Familienmitglieder, in eine neue Decke gehüllt, mit dem neuen Stab ausgerüstet, als Mann nach Hause zurück. 

Der Weg nach Hause muss zu Fuß zurückgelegt werden. Gelangt er in Sichtweite seines Hauses, kommen ihm alle Frauen der Familie und aus der Nachbarschaft mit Jubelrufen entgegen, um ihn die letzten Meter auf seinem Weg nach Hause zu begleiten.Hier wurden alle Sachen aus seiner Kindheit, aus seiner Vergangenheit entfernt und neue Kleidung bereitgelegt, Ausdruck des Beginns eines neuen Lebensabschnitts.

Er ist nun ein neuer Mensch, ein Mann. Zu Hause angekommen wird das größte Fest im Leben eines Jungen zelebriert, ein Fest zu Ehren der Ahnen, die ihn nun in die Reihe der erwachsenen Männer mit aufgenommen haben.

initiation kapstadt 47Der Schüler hat die lniiiationszeit abgeschlossen und wird von den Männern nach Hause gebrachtEin Festplatz wurde mit frischen Zweigen abgesteckt und eine Ehrenmatte ausgerollt, auf der der Schüler mit seinem Lehrer Platz nehmen. Das nun folgenden Fest kann bis zu 3 Tagen dauern und wird mit Reden des Vaters, des Zeremonienmeisters und Mitgliedern des Ältestenrates eröffnet. Umgqombothi macht die Runde. Nun folgt die rituelle Schlachtung des 3. Schafes. Zunächst wird dass das Tier dem Jungen vorgestellt.

Dem jungen Mann wird gesagt, dass seine Eltern große Anstrengungen unternehmen mussten, um diese Zeit zu ermöglichen und dass erwartet wird, dass er von nun an seinen Beitrag zur Versorgung der Familie leistet. Das Schaf wird geschlachtet, indem der älteste Bruder mit einem Messer die Halsschlagader durchtrennt. 

Das Blut des Opfertiers läuft in eine kleinen Grube in den Sand, der Kreislauf des Lebens schließt: alles Leben kommt aus der Erde und der Saft des Lebens, das Blut, wird der Erde zurückgegeben. Das Tier wird gehäutet, ausgenommen und zerlegt, die Gallenblase wird an einen Zweig gehängt, sie kann das Fleisch nicht mehr verderben.

initiation 49Das erste Umgqombothi seines LebensBier und Weinbrand werden gereicht. Die Frauen, die bei der Opferung nicht dabei sein dürfen, feiern inzwischen ausgelassen im Haus.

Am folgenden Tag gibt es das eigentliche Fest. Der junge Mann sitzt mit seinen engsten Freunden in seinem Zimmer, ihm wird von seinem Lehrer assistiert. Unzählige Besucher kommen, oft mehr als hundert, Frauen im traditionellen Xhosagewand. das Gesicht mit stilisierten Blumen bemalt. Sie bringen Geschenke, bei deren Übergabe nochmals eine kleine Rede gehalten wird, die von dem Jungen und seinen Freunden mit ehrfurchtsvoll geneigtem Haupt entgegengenommen wird. Alle Gäste werden mit Fleisch, Kartoffeln und gekochtem Mais bewirtet, dazu gibt es reichlich Umgombothi.

Jedes Jahr zur Zeit des Initiationsrituals im Juni und Dezember entflammen in Südafrika die Diskussionen über den Sinn dieser Rituale. In den Nachrichten hört man von Jungen, die in den Bergen vor Kälte, Hunger und Durst umkamen, von Fällen in denen die Beschneidung zu Verstümmelung oder Übertragung von HIV führte, von Jungen, die von ihren Lehrern so harten Proben unterzogen wurden, dass sie ihren Verletzungen erlagen. Einige Initiationsschulen wurden auf Grund von öffentlichen Protesten geschlossen, die Forderung nach staatlicher Reglementierung und Kontrolle wird gestellt. Trotzdem entscheiden die meisten Familien, ihre Söhne diesem Ritual zu unterziehen, in dem Vertrauen darauf, dass der Lehrer verantwortungsbewusst mit dem Leben umgeht, dass ihm bedingungslos anvertrauten ist.

initiation township kapstadt 48Eine Abordnung von Männern führt den Initianten nach Hause

Copyright © 1998-2024 | All rights reserved | J. Köring