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Kapstadt vom Signal Hill | Südafrika - Foto von Gossipguy - CC BY-SA 3.0 - Details im Impressum

sa flag 80x80Geschichten um Robben Island in Kapstadt. Die meisten Menschen, die in alten Zeiten auf eine Insel verschlagen wurden, hatten nur eines im Sinn: Schnell wieder zurück aufs Festland und unter die Menschen zu kommen. Und noch eines - ob es sich nun um Daniel Defoe's "Robinson Crusoe" aus dem Jahre 1719 handelt oder um Stevenson's :Schatzinsel" von 1882: Eine gehörige Portion Romantik, ob mit oder ohne Seeräuber, war immer dabei. Wir haben hier in Kapstadt eine solche Trauminsel vor unserer Haustüre, Robben Island, heute verrufen als die "Insel der politischen Gefangenen", im Besitz des Ministeriums der Justiz und der Gefängnisverwaltung.

Für den normalen Sterblichen war ein Besuch der Insel noch vor einigen Jahren schier unmöglich ... und ich musste mich einst als Rugbyspieler "verkleidet" hineinschmuggeln und eine Halbzeit lang "gegen die Gefangenen" anrennen. Kurz danach wurde auch ich mit den ersten Journalisten offiziell zu einer "Besichtigung der leeren Zellen" eingeladen. Robben Island in der Tafelbucht liegt gut neun Kilometer nördlich vom Kapstädter Hafen und sechs Kilometer westlich vom Strand bei Blouberg im Atlantik. Es ist mehr oder weniger oval und etwa zwei Kilometer breit. Der Leuchtturm steht im Süden auf einem 30 Meter hohen Hügel.

1488 wird die Insel zum ersten Mal erwähnt: Jao del Infante, der Kapitän des zweiten Schiffes in Bartholomeus Dias' Flotte, segelte zu ihr hinüber "um die Pinguine und Seehunde zu scheuchen". Eine waghalsige Theorie führt uns aber noch viel weiter in die alte Zeit zurück: Eine Buschmanns-Felszeichnung, gefunden nicht weit weg von Saldanha Bay im südwestlichen Kapland zeigt - und die Ähnlichkeit ist frappierend -ein phönizianisches Schiff. Haben die Phönizier schon lange vor Christe Geburt bei ihren weltweiten Seereisen auch hier vor Anker gelegen? Einige Wissenschaftler wollen Einflüsse des Südarabischen (Königin von Saba) in der Sprache der Buschmänner und Bantu und in den Buschmanns-Zeichnungen festgestellt haben.

Die Portugiesen jedenfalls, von Vasco da Gama im Jahr 1497 bis zu Antonio de Saldanha im Jahr 1503, versuchten irgend eine Art von Besiedelung und Bewirtschaftung der Insel einzurichten, um von dort aus die Schiffe mit Gemüse, Wasser und Frischfleisch versorgen zu können - ohne Angst vor den "Kannibalen", den angriffslustigen Khoikhoi ("Hottentotten") auf dem Festland haben zu müssen.

Als aber 1591 Sir James Lancaster aus Plymouth Fuß auf die Insel setzte, fand er sie unbewohnt. Als Lancaster 1601 nach Robben Island zurückkam, ließ er dort sechs Schafe und zwei Widder zurück; sie sollten sich vermehren und die Insel bevölkern.
Im gleichen Jahr kam aber auch Joris van Spilbergen aus Holland auf die Insel, der klaute alle Schafe. Cornelis Matelief berichtet aus jener Zeit: "Unsere Männer amüsierten sich, indem sie einfach so zum Spaß etwa hundert der harmlosen Seehunde totschlugen." 1615 kam Walter Peyton aus England mit 19 Gefangenen ans Kap. Zehn davon wurden mit ein paar Vorräten und Gewehren an Land gesetzt, sie sollten einen Stützpunkt errichten. 1616 fand Martin Pring noch drei der Gefangenen und nahm sie mit. Die machten ihm dann aber an Bord auf dem Weg nach England so viel Ärger, dass er sie exekutieren ließ. 1636 deckte Hendrick Brou-wer den Versuch einer Meuterei auf seinem Boot auf. Acht der Männer wurden über Bord geworfen, einer nach Robben Island verbannt. Die Rechtsprechung war einfach in diesen Tagen. Die Küstenlinie und die Berge an der Tafelbucht galten in jener Zeit als unwirtlich und abweisend.

Die Khoikhoi, die mit ihren Breitschwanzschafen von Weide zu Weide zogen, bevorzugten das Landesinnere. Aber eine kleine Gruppe von ihnen, die Familie Goring-haicona, zog am Strand der Tafelbucht entlang und lebte von Muscheln und wilden Früchten. Ihr Häuptling seit dem Jahre 1625 war der 25 jährige Autshumato. Und der stieß 1631 auf eine englische Schiffsbesatzung, die in der Tafelbucht frisches Wasser aufnahm. Die Briten nahmen ihn mit auf ihr Schiff und er segelte mit ihnen Richtung Osten, seinen Clan im Kapland zurücklassend. Er kam bis nach Java in Indonesien ... und als er ein Jahr später mit den Engländern zurückkehrte, war er der erste Eingeborene, der es verstand, mit einer seltsamen Mischung aus Khoikhoi, Englisch und Holländisch als Dolmetscher zwischen den Seeleuten und den Khoikhoi zu dienen. Die Goringhaicona lebten in ständiger Furcht vor ihren Stammesgenossen, und als Autshumato 1639 den Kapitän Johan Albrecht von Mandelslo bat, ihn und seinen Clan auf die Insel zu bringen, wurden diese vier Männer, acht Frauen und drei Kinder die ersten wahren Siedler auf der Felseninsel. Sie bauten kleine Steinhüten und lebten von Vogeleiern, Robben fleisch und Muscheln. Die Holländer nannten sie die "Watermans".

Einen hübschen Nebenverdienst schuf sich Autschumato als "Postmeister" der Insel; er nahm "Briefe" und Nachrichten der passierenden Schiffe entgegen und verteilte zurückgelassene Post, manchmal Monate später, an die vor Anker liegenden Empfänger, die er durch ein Feuer von einem kleinen Hügel aus über den Posteingang informierte. 1640 aber nahm ein Schiff die "ganze Bande" wieder mit auf das Festland, wo sie ihr Leben als "Strandloper" oder "Beachcomber" wie eh und je fortsetzten.

Als 1652 die Holländer kamen, waren sie froh, in Autschumato den Dolmetscher zu finden, der es ihnen ermöglichte, mit den Khoikhoi Handel zu treiben, vor allem Frischfleisch einzutauschen. Aber bald schon schöpften die Holländer den Verdacht, dass der vielzüngige Autschumato bei seinen Verhandlungen ein falsches Spiel trieb ... und sie schickten ihn zur Strafe als "ersten politischen Gefangenen" auf die Insel. Aber anderthalb Jahre später konnte der Häuptling in einem kleinen Boot Robben Island entfliehen. Die Holländer verzichteten auf eine weitere Bestrafung und bis zu seinem Tod im Jahr 1663 diente er wieder als Dolmetscher - diesmal auf dem Kastell, dem späteren Castle of Good Hope. Autschumato wurde der bekannteste Strandloper der südafrikanischen Geschichte. Manch ein Boot im Kapstädter Yachtklub und manch' ein Restaurant oder Haus an der Westküste trägt auch heute noch seinen Titel. 1647 strandete das Schiff "Haerlem" nahe Bloubergstrand. Gut 30 Mann wurden von anderen Booten über nommen, die anderen blieben zurück, um die Ladung zu bewachen. Sie ernährten sich hauptsächlich von ihren Jagdausflügen auf Robben Island. 1648 erreichte eine holländische Flotte das Kap, um die Ladung der Haerlem zu überehmen. Während alle mit Umladearbeiten beschäftigt waren, verbrachte der Schiffsarzt seine Zeit damit, das Kap zu erforschen. Sein Name war Jan Anton van Riebeeck. Nach der Rückkehr nach Holland empfahl Jan van Riebeeck dem Rat der Siebzehn in Amsterdam, das waren die Direktoren der Holländisch- Ostindischen Gesellschaft - den Bau einer Festung und einer Plantage am Kap. 1651 reichte er Plan und Lageplan für das Fort ein; im Dezember 1651 segelte er mit den Schiffen Reyger, Goede Hoop und Drommedaris in Richtung Kap der Guten Hoffnung, am 5. April 1652 sichtete er den Tafelberg.

Am 14. September 1652 betrat Jan van Riebeeck zum ersten Mal die Insel. Ende April 1653 erließ er eine Order, nach der das Töten von Tieren auf Robben Island untersagt wurde, "damit sie sich vermehren können, da wir noch lange Zeit von ihnen leben müssen". Im Mai 1653 wurden wieder sechs Schafe auf die Insel gebracht; im Februar 1654 hatten sie sich auf elf vermehrt und eines war tragend.

1654 sind vier Mann unter Corporal Marcus Robbeljaert und Pieter Borgers auf Robben Island stationiert, als Wache, als Robbenfänger -und als Schweinezüchter. Im Juli 1657 - inzwischen gab es 399 Schafe auf der Insel - besuchte Jan van Riebeeck die Insel einmal mehr und fand einen Platz, wo der erste Leuchtturm an der Küstenlinie des Kaplandes errichtet wurde. 1658 stellte man die ersten Kanonen auf, brachte die ersten Gänse auf die Insel und machte die erste Hottentottin, Eva, zu einer Christin. Die starb aber dann dennoch im Suff. 1666, van Riebeeck hatte das Kap verlassen, Holland lag mit England im Krieg, wurde das Fort in Kapstadt neu gebaut. Am 2. Juni begann man mit den Fundamenten: Robben Island lieferte den Kalk und die behauenen Steine für die Festung in ihrer heutigen Form.

1672 werden wieder, diesmal vom Schiff "Sparendem", einige Meuterer ausgesetzt. Dann nimmt das Boot Asia im Jahr 1676 insgesamt 36 marokkanische Piraten gefangen und verfrachtet sie nach Robben Island. 1679 berichtet Johann Wilhelm Vogel von den vielen Seehunden, Kaninchen und den Pinguinen, deren Fleisch L'man zwar nicht essen kann, deren Federn sich aber wie Schwanenfedern zum Stopfen von Matratzen eignen". 1686 wachsen die ersten Kohlköpfe auf der Insel, 1699 gibt es Hütten und Häuser und 1699 berichtet Martin Wintergerst aus Memmingen im Allgäu, dass man auf der Insel Kräuter gegen den Skorbut bekommen könne, tausende Pinguin-Eier dort in Erdlöchern zu finden seien und jeden Abend ein Wal von 55 Fuß Länge nahe der Insel auftauche. Im übrigen schreibt er, daß sie "fünf unserer Leute" dort begruben. Dann wurde aus Robben Island eine Station für Kranke. Die Insassen der Leprastationen Hemel en Aarde bei Caledon und Port Elizabeth wurden auf die Insel gebracht, gegen ihren Willen, ebenso viel unheilbar Kranke und Geistesgestörte, insgesamt etwa 250 Menschen. Sie lebten dort unter schlimmsten Umständen, ganz vergessen und alleingelassen - aber weit aus den Augen der "normalen" Bürger. Und analog zu den schlechten Bedingungen war auch der medizinische Erfolg an Heilungen. Er lag bei lediglich zehn Prozent. Vergleichbare Zahlen an Heilungserfolgen in England oder Deutschland erreichten etwa 60 Prozent. 1861 gab es 361 Kranke auf der Insel.

Ein Lichtblick Der neue Postmeister der Insel gab im Jahr 1886 eine kleine wöchentlich erscheinende Zeitung heraus, die Robben Island Times, ein von den Insulanern heißgeliebtes und gern gelesenes Blättchen. Über 700 Personen lebten inzwischen auf der Insel, alles treue Leser. 1890 kam der Wandel zum Guten. Plötzlich wurden die Gebäude restauriert, ein ganzer Häuserblock neu errichtet, Wanderungen wurden organisiert, Cricketspiele, Fußball; plötzlich gab es einige Baderäume, Toiletten und selbst ein Billard- und Hobbyzimmer. Die Frauen organisierten einmal wöchentlich einen "Tanztee unter sich", und zu Weihnachten gab es zum ersten Mal wieder ein großes Fest. Die Heilungsrate für die Patienten stieg in diesem Jahr auf 66 Prozent. 1913 besuchte eine Journalistin die Insel, beschrieb die Zustände dort als sauber und ordentlich und hob die "happi-ness of the patients" hervor. 70 Jahre hatte es gedauert, um ein wenig Menschenwürdigkeit auf die Insel der Kranken zu bringen. 1920 lebten über 2000 Menschen auf Robben Island. Sie hatten ihre eigene Molkerei, eine Schule, einen Tennisplatz, eine Feuerwehr, eine Bäckerei, eine Bibliothek mit 1548 Büchern, einen Park, eine Festhalle, ein Restaurant und eine Bar, ja selbst eine eigene Eisenbahn - auch wenn die nur von ein paar Maultieren gezogen wurde. 1931 wurden die Gebäude der Krankenstationen abgebrannt und dem Erdboden gleichgemacht. Man verlegte die Kranken - wieder gegen ihren Willen - nach Pretoria und räumte die Insel. Sie wurde während der nächsten zehn Jahre Heimstatt für den Leuchtturmwärter und seine Familie.

Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges übernahm das Ministerium der Verteidigung die Insel, von hier aus wollte man das Kap, die Tafelbucht und die Stadt schützen. Ein neuer Hafen wurde gebaut, eine Landepiste für Flugzeuge angelegt, Geschützbatterien installiert; aber Gottseidank, niemals fiel ein Schuss.

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