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Geschichte von Stellenbosch

Vor 325 Jahren begann es...

Schon vor 400 Jahren, nach der Entdeckung wertvoller Gewürze in Ostindien und nach der Entdeckung von Gold in der Neuen Welt, waren aus Portugal und Spanien mächtige, die damalige Welt umspannende Reiche geworden. England und Holland, beide mit starken Kriegs- und Handelsflotten, folgten ... und um das Jahr 1600 hatten sich machtvolle Handelsgesellschaften gegründet, die ihre Waren großenteils aus Indien bezogen. Aber es sollte noch ganze 50 Jahre dauern, bevor die erste europäische Zwischenstation auf dem Wege zum Fernen Osten etabliert wurde: Durch den Holländer Jan van Riebeeck, im Jahre 1652, am südlichsten Punkt des afrikanischen Kontinents. Gedacht als Rastplatz für die Seeleute, während deren Schiffe repariert und mit neuem Vorrat aufgestockt wurden.

Immer mehr Schiffe fiefen die Station der Holländisch-Ostindischen Gesellschaft an. Die am Kap ansässigen einheimischen Khoi-Khoi (Viehzüchter) konnten die Nachfrage - vor allem nach Frischfleisch - nicht mehr befriedigen. Dann wurde das Kommando über das "Castle of Good Hope" einem braunhäutigen 40jährigen Mann übergeben: Simon van der Stel. Eine Persönlichkeit, in der Orient und Okzident - Ost und West - sich in guter Mischung vereinten.

Simon van der Stel

Schon im ersten Monat nach seiner Ankunft am Kap inspizierte er die Viehbestände auf den Außenposten am Fuße der "Mountains of Africa", den Bergen, die eine Barriere zum noch unbekannten In-und Hinterland bildeten. Ein Abstecher seiner Reise am 6. November 1679 brachte ihn zu einer Stelle, die in seinem Tagebuch sehr lebendig beschrieben wird:

"Seine Exzellenz ... besichtigte ein Gebiet ... in einem flachen Tal mit vielen tausend Morgen besten Weide- und Ackerlandes. Mit einem sehr bestimmenden klaren Gebirgsfluss, dessen Ufer von wunderschönen hohen Bäumen gesäumt wurden: ideal für Bau- und Feuerholz. Eine kleine Insel wird vom Fluss umrauscht, dicht bewachsen von stattlichen edlen Bäumen. Hier schlug seine Exzellenz, der Kommandeur, das Nachtlager auf... und da noch nie eine Amtsperson diesen Ort betreten hatte, nannte er ihn "Stellenbosch“.

Übrigens: Ähnlich machte es zwei Jahre später William Penn in Amerika, der sein neues Land "Pennsylvania" nannte - der Wald des Penn. Und Van der Stel entschied, in diesem Tal Farmer anzusiedeln, sogenannte "Freibürger" - sie sollten Weizen für Kapstadt anbauen. Und innerhalb von sechs Monaten ließen sich die ersten neun Familien am Flussufer nieder. Den Fluss nannte man "Eerste Rivier", den ersten von Kapstadt ins Inland.

1685 wurde das Dorf Stellenbosch begründet

Grundstücksgrenzen, Wasserrechte, öffentliche Wege mussten bestimmt werden. Diese Aufgaben wurden vier Farmern zugeteilt, den sogenannten "Heemraden"... - der frühe Beginn einer lokalen Selbstverwaltung in Stellenbosch. Fünf Jahre später gab es dann sogar einen - allerdings von der Gesellschaft gestellten - Friedensrichter oder Bürgermeister, den sogenannten "Landdrost". Und 1685 - Geburtsjahr von Bach und Händel - wurde das Dorf Stellenbosch offiziell begründet ... von dem aus Utrecht angereisten Hohen Kommissar Van Reede tot Drakenstein ... Adliger, Kriegsheld und bekannter Botaniker.

Seine "Verordnungen und Instruktionen" vom 16. Juli 1685 dienten als amtliche Grundlage für die ordnungsgemäße Entwicklung der kleinen Ansiedlung Stellenbosch. - Auf der Insel, die jetzt Stellenbosch hieß, wurde ein Rats- und Gerichtssaal errichtet, im Aussehen ganz gemäß der niederländischen Vorstellung eines kleinen Wasserschlosses. Etwas weiter weg entstand das erste Gotteshaus. Zwischen diesen beiden Hauptgebäuden war Platz für andere Häuser: für den Pfarrer, den Lehrer, den Ausrufer, den Wagenbauer, den Schmied. - Dann wurde ein gut befestigter Weg angelegt, mit Wohnhäusern zu beiden Seiten ... alle mit kleinen Küchengärten, die vom Flussbewässert wurden. Dieser Weg wurde Ausgangspunkt für die Straße nach Kapstadt und bildet die heutige Dorpstraat.

Das erste aller Gebäude

Historische Aufnahme aus StellenboschHistorische Aufnahme der Landschaft um Stellenbosch - CC BY-SA 4.0, WikimediaDas erste aller Gebäude wurde im April 1687 seiner Bestimmung übergeben: die Drostdy, das Gerichtsgebäude, doppelstöckig, mit vielen Kaminen.Sechs Monate später folgte das bescheidenen Gotteshaus - mit kleinem Glockenstuhl - die erste festgebaute christliche Kirche im südlichen Afrika!

Noch im gleichen Jahr wurde - gefährlich nah am Ufer des quirligen Flusses - gegenüber der Dostdy eine zweite Mühle errichtet - als Ersatz für die Mühle auf einer Farm, die oft an Wassermangel gelitten hatte. Die gesamte Weizenernte musste jetzt hier gemahlen werden ... ein Teil der gefüllten Mehlsäcke wurde als Steuer zurückgehalten. Weitere öffentliche und private Häuser entstanden zwischen Gericht und Kirche: Stellenbosch wuchs heran ... zur ersten europäischen Siedlung im Landesinnern!

Van der Stel hatte sich stets um Einwanderer bemüht. Um 1688 erreichten etwa 200 Hugenotten-Flüchtlinge aus Holland das Kap. Sie bekamen Land zum Farmen im Nachbartal, dem Tal des Berg Rivier... mussten sich allerdings gegenüber der Verwaltung in Kapstadt verpflichten, ihre eigene Kultur und Sprache mehr oder weniger aufzugeben und sich in die holländische Bevölkerung zu integrieren. Nach 1700 wurde solch' behördlicher Druck - nun auch auf die holländischen Farmer - noch ausgeprägter. Willem Adriaan van der Stel, der das Amt seines Vaters als Gouverneur 1699 übernahm, erhielt ein wunderschönes Stück Farmland in der Nähe von Stellenbosch - genannt "Vergelegen".

Hier begann er in großem Ausmaß zu farmen. Auch andere hohe Beamte im eng verfilzten Gefüge der geldgierigen Ostindischen Gesellschaft erhielten statt höherer Bezüge wertvolles Farmland und bedrohten bald die Existenz der freien Farmer. Es kam zum Eklat, als der Gouverneur den Farmern die profitablen Verträge über Fleisch- und Weinlieferungen entzog und diese sich selbst und seinen hohen Beamten zuschlug. Die freien Bürger aber, unter der Führerschaft des Adam Tas aus Stellenbosch, protestierten heftig gegen dieses Monopol und erarbeiteten eine Petition. Van der Stel wurde daraufhin im Jahre 1707 ehrenrührig nach Holland abberufen.

Stolz und Selbstbewusstsein wuchsen nach ihrem Erfolg über den selbstherrlichen Van der Stel bei den Kolonisten an. Ausdruck fand dieses Selbstbewusstsein während des 18. Jahrhunderts auch in der Architektur ihrer Farmen, manchmal als "Kap-Barock" bezeichnet. Meist führte eine lange Reihe von Eichen (Vater Van der Stet hatte sie damals ins Land gebracht) zum Herrenhaus, das symmetrisch innerhalb der Außengebäude lag. Und als im Jahre 1755 eine Verordnung erlassen wurde, die die extravagante Schau von Wohlstand und Reichtum untersagte, verschwanden die alten Statussymbole wie zum Beispiel verzierte Kutschen, Seide und Schirme ... um ersetzt zu werden durch weißgekälkte großartige Hausgiebel aus Stein und Putz.

Angst vor Feuerbrünsten quälte die Stellenboscher

Die älteste Ansicht von Stellenbosch stammt von 1710... und erinnert in vielem an ein holländisches Dorf im Mittelalter. Eine archäologische Untersuchung des alten "Schreuder-Hauses" brachte die simplen Baumaterialien zum Vorschein: Schlamm, Lehm und Flusssteine, durch Kalkputz zusammengefügt. Das alles hat jahrhundertelang gehalten, weil man die Wände regelmäßig durch den Anstrich mit Kalk schützte. Aber die Häuser der Pioniere, mit ihren Dächern aus Weizenstroh, waren extrem gefährdet. Das erfuhren die Einwohner auf bittere Weise am 17. Dezember 1710, als ein glühender Funken - bestimmt für die Pfeife des Landdrost's - durch einen heftigen South-Easter-Wind in's Dach der Drostdy geblasen wurde. Fast das ganze Dorf brannte damals ab! Die Angst vor Feuerbrünsten quälte die Stellenboscher, bis etwa 1850 die ersten Dachziegeln und das Wellblech in's Land kamen. Bis dahin gab's Verbotsschilder, die das Rauchen auf der Straße untersagten ... Bauvorschriften wurden verschärft und man brachte Feuerlöschgeräte ins Land - das erste schon 1732.

Drostdy

Die Drostdy, stets das stattlichste Gebäude in Stellenbosch, wurde nach dem Feuer von 1710 wieder aufgebaut ... stand aber 1762 wieder in Flammen ... trotz eines verzweifelten Versuchs, die Situation zu retten, indem man eine Muskete durch den schwelenden Kamin abfeuerte! Aber danach entstand die Drostdy - wie Phoenix aus der Asche - wieder im alten Glanz.

Dennoch folgte eine weitere Bedrohung dieses Amtsgebäudes: das steigende reissende Wasser des Eerste River - die Lebensader des Dorfes, aber auch seine ständige Bedrohung. Die Autoritäten entschieden sich zu einer Herkules-Arbeit: Der nördliche Flussarm am Rande der Drostdy wurde mit Geröll zugeschüttet, das Flussbett des südlichen Armes wurde vertieft. Diese fast militärisch durchgeführte gigantische Operation dauerte drei Jahre. Danach gab es die Insel Stellenbosch im Eerste River nicht mehr - kurz vor ihrem 100sten Namenstag.

Eine dritte Mühle wurde errichtet, dafür wurde eigens ein Kanal gezogen. Der Mühlbach konnte durch kleine Schleusen leicht unter Kontrolle gehalten werden. Er wurde zum wichtigen Liferanten für Trink- und Brauchwasser. Er trieb Mühlen an und wurde zum Feuerlöschen genutzt. Später wurde sein Bett ausgemauert ... der plätschernde Bach rinnt auch heute noch durch's Dorf.

1785 änderte sich vieles

Nach der Zerstörung der ersten Kirche, 1710, wurde der Gottesdienst in einer Kelterei abgehalten. Dann entstand eine große Kreuzkirche am Ostende der Siedlung. 1735 wurde der Kirchhof mit einer weißgekälkten Mauer umgeben. Einige der Grabstätten entlang der Außenmauer existieren heute noch. Sie sind geschmückt mit steinernen Hausgiebeln, Nachbildungen der Häuser, in denen die Bestatteten ihr Leben gelebt hatten.

Als Stellenbosch 100 Jahre alt wurde, gab es dort nur 250 Europäer - während der Distrikt, der von hier verwaltet wurde (wohlgemerkt vom Pferderücken aus) sich zu einem Gebiet vergrößert hatte von den Ausmaßen der Gesamtgröße von England. - 1785 änderte sich vieles! Eine Gebietsreform teilte den Distrikt auf und ausländische Flotten und Truppen in Kapstadt schufen einen hohen Bedarf an Agrarprodukten, auch an Wein. Die Farmer erzielten große Gewinne, sie kauften Land dazu, entwickelten es und verschönerten ihre Gutshäuser - vor allem mit Hilfe der Arbeitskraft von Sklaven aus dem Fernen Osten. Deren Abkömmlinge bilden seit vielen Generationen bis heute die Gruppe der Bauhandwerker, der Zimmerleute, der Maurer oder der Schneider von Stellenbosch und im ganzen Land.

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