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Kapstadt vom Signal Hill | Südafrika - Foto von Gossipguy - CC BY-SA 3.0 - Details im Impressum

sa flag 80x80Der Weg zu den Sternen - Reisebericht von Axel Riemscheid. Als ehemaliger Pilot habe ich viele Stunden nachts in meinem Cockpit gesessen und den prächtigen Sternenhimmel bewundert. Damals war noch Astro-Navigation angesagt und damit gehörte die Beschäftigung mit dem Nachthimmel zu meiner beruflichen Welt. Aber die nüchterne Nutzung der Sterne für praktische Navigation hat die Bewunderung des Weltraumes in mir nicht ersticken können. Und als ich dann erfuhr, dass man die Sternwarte in Sutherland , nur etwa 300 km von Kapstadt entfernt, besuchen kann, stand für mich fest: Da will ich hin. Am Morgen des 11. März '09 fahre ich mit einem befreundeten Ehepaar gegen 06:30 Uhr von Stellenbosch los, um vor der morgentlichen Rush-Hour weg zu sein. Die Fahrt durch die dunstverhangenen Weinberge hat etwas Poetisches an sich. „Im Frühtau zu Berge, wir ziehn..." - die alte Volksweise klingt in mir an und es ist die Erinnerung an das heimische Siebengebirge, die in mir aufkeimt.

Bei Klapmuts erreichen wir die N1 und in flotter Fahrt geht es durch den Huguenot-Tunnel und an Worchester vorbei in das Hex-River-Valley. Dieses Tal mit seinen grünen Flussufern und den kahlen Bergen darüber ist bekannt für beste Tafel-Weintrauben. Wir müssen einfach an einem „Farmstall" anhalten, wie die ländlichen Verkaufsstände heißen. Ein Karton mit köstlichen Trauben wird ins Auto gereicht. Die haben uns den ganzen Tag über erfrischt, immer wieder haben wir die Trauben genascht und am Abend war der Karton leer. Wir erreichten bald die Kleine Karoo und legten bei Matjiesfontein eine Pause ein. Eine Pause, die ich nie vergessen werde, denn diese einsame Bahnstation ist voller Geschichte. Hier hatten die Briten während ihres Krieges gegen die Buren ein Militärlager eingerichtet. Und noch heute flattert der Union-Jack über der kleinen Siedlung, als sei die Zeit stehengeblieben.

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Sutherland

Ursprünglich hatte es hier nur ein kleines Dorf gegeben, das für seine gute Höhenluft bekannt war. Im Jahre 1889 wurde es offiziell mit viel Pomp als Heilstätte eröffnet.

Zehn Jahre später errichtete hier ein Schotte names James Logan ein Luxus-Hotel, das viele Gäste aus der ganzen Welt anlockt. Die Liste der berühmten Gäste ist lang, selbst Winston Churchill soll hier gewesen sein. Im Anglo-Burenkrieg wurde es dann als Lazarett genutzt und der große freie Platz zwischen Bahnhof und Hotel diente als Exerzier- und Paradeplatz; er lässt heute noch ein wenig von der einstigen Weltmacht England spüren. 12.000 Soldaten sollen hier in ihren Zelten campiert haben. Danach wurde es von David Rawson gekauft , im alten Stil restauriert und in Lord Milner Hotel umbenannt. So hat es bis heute seinen Charme des 19. Jahrhundert bewahren können. Ein Rundgang (Führung) durch die altehrwürdigen Räume des Hotels ist ein „Muss". Wir bewundern die Pracht und eine lauschige kleine Kapelle. Unser "Bärenführer John" - so behauptet er jedenfalls - ist selbst ein Nachfahre des ersten Besitzers James Logan , denn seine Mutter war dessen Mistress.

Er plaudert munter aus dem Nähkörbchen, voller Witz und Humor, und wir haben das Gefühl, als seien wir dabei gewesen. Und so landen wir schließlich in der altertümlichen hölzernen Bar, dort greift John in die Tasten eines alten Klaviers. Wir alle singen begeistert mit, englische Shanties sind angesagt und versetzen uns in die „gute alte Zeit"; die Fantasie spielt uns Bilder vor, und wir sehen feine englische Ladies unter ihren Sonnenschirmen auf dem Paradeplatz spazieren gehen.

Nun gibt es dort noch ein kleines Restaurant, eine historische Post, eine Bank, das Büro für Geburten und Todesfälle, sowie zwei kleine Museen. Und natürlich den alten Bahnhof, wo auch heute noch der berühmte Blue-Train hält. Die Gäste steigen aus, besuchen das Kleinod in der Karoo und fahren nach einer Stunde wieder weiter. Auch wir müssen weiter, aber wir wollen wiederkommen und ganz bestimmt mehr Zeit mitbringen. Wir steigen also in unseren Wagen und fahren über die R365 bis nach Sutherland. Eine wilde Fahrt über die unendlichen Weiten der Karoo, durch enge Schluchten und über kahle Bergrücken. Nach 110 km erreichen wir den kleinen Ort (um ihn nicht als Nest zu bezeichnen), der sich  Sutherland  nennt.

Eine breite Hauptstraße, eine Kreuzung, eine kleine Kirche und ein Hotel, das ist alles. Aber wo ist denn das berühmte Observatorium? War da nicht eben ein Haus mit dem t-Zeichen für Information? Also 100 Meter zurück, dort ist das Informationsbüro! Ein kleines verrostetes Teleskop zeigt deutlich in den Himmel, aber das Büro ist geschlossen und der Weg zum Observatorium bleibt unbekannt. Es ist ja auch Mittagszeit und ganz Sutherland scheint im Koma zuliegen. Entschlossen steuern wir das Sutherland-Hotel an, wir wollen nach dem Weg fragen und ein kaltes Bier trinken. Wir geraten in eine riesige Hotel-Lobby, aber weit und breit kein Mensch. Wir rufen „Hello" und schon erscheint der Besitzer persönlich. Ja , es sei ruhig, keine Saison, aber das Bier sei gut gekühlt. Während wir durstig das Bier herunterstürzen, erklärt er uns den Weg: Ganz einfach, an der Kreuzung den Berg hinauf, das ist die Strasse zum Observatorium, aber das wisse doch jeder! Oben angekommen brauche man nur dicht an das Schiebetor heranzufahren, es werde dann automatisch geöffnet. Die Straße führe dann direkt weiter zum Besucherzentrum. Und so einfach war es auch wirklich, in das Observatorium hineinzugelangen.

Im Visitor Centre des Observatorium in Sutherland werden dann die Besucher von einem sachkundigen Führer betreut, der gerne alle Fragen beantwortet. Ein kurzer einführender Film legt die Grundlagen zum besseren Verständnis der folgenden Besichtigungen. Es werden die einzelnen Teleskope besucht und ihre speziellen Aufgaben beschrieben. Die Führung ist allgemeinverständlich und für jeden Besucher geeignet. Die Schilderungen sind sehr anschaulich und spannend aufgebaut. Hier schläft niemand ein!

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SALT = South African Large Telescope

Wissenschaftliche Vorbildung ist nicht nötig. Ich war 'mal wieder von der Welt der Sterne und dem Spürsinn der Wissenschaftler beeindruckt! Die Anlage in Sutherland wurde im Jahre 1972 errichtet, als die bestehenden Observatorien in Johannesburg, Pretoria und Kapstadt wegen ständiger Lichtstörungen ersetzt werden mussten. Man entschloss sich also, hier in der Einsamkeit der dunklen Karoo in einer Höhe von 1759 Metern eine neue Anlage zu errichten. Die günstigen Bedingungen in der Karoo führten dazu, dass auch andere Staaten diese Lage nutzten und so sind hier diese vielen Teleskope gebaut worden. So arbeiten hier in Sutherland heute Wissenschaftler aus der ganzen Welt zusammen. In der Karoo sind fast alle Nächte wolkenfrei, ein großer Vorteil für die Arbeit! Insgesamt ist dies eine Anlage von Weftgeltung, deren Messergebnisse weltweit genutzt werden. Vergleichbare Anlagen gibt es noch auf den Spitzen der Anden-Berge in Peru und in Chile. Das Observatorium besteht tatsächlich aus elf unabhängigen Teleskopen, die alle auf diesem Vulkankegel installiert sind, der deutlich aus der Hochebene der Karoo emporsteigt.

Schon von fern sind (für normale Besucher) die Kuppeln der Teleskope erkennbar. Fünf von ihnen gehören dem Staat Südafrika, fünf weitere sind im Besitz anderer Staaten. Die größte und neueste Einrichtung, die auch SALT = South African Large Telescope, genannt wird, ist international (Deutschland, Indien, Neuseeland, USA, UK, Polen und Südafrika ) . SALT wurde im Jahre 2005 fertiggestellt und ist das lichtstärkste optische Teleskop der Welt. Eine baugleiche Anlage existiert in den USA. Das Teleskop ist so stark, dass man das Licht einer Kerze auf dem Mond vermessen könnte.

Alle Staaten der Welt können Wünsche zur Beobachtung gewünschter Himmelskörper an das Observatorium richten. Alle Teleskope werden weitgehend automatisch betrieben und die Messergebnisse dann dem jeweiligen Antragsteller zur Verfügung gestellt. Alle Teleskope sind für viele Monate im Voraus ausgebucht, denn die Nutzungszeiten sind kostbar. Deutlich beeindruckt machen wir uns wieder auf den Heimweg. Es ist ruhig geworden im Auto, jeder hängt seinen Erinnerungen nach. Der Himmel ist in unseren Köpfen, Bilder von Sternen, Sonnen und Galaxien. Die Landschaft ist beinahe unsichtbar, denn die Sonne geht gleich unter. Da erleuchten die Berge bei Matjiesfontein plötzlich im Purpurlicht der sinkenden Sonne.

Schlagartig wird uns klar: Der schönste Stern im Universum ist unsere alte Mutter Erde.

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S.A.L.T. - Teleskop Südafrika

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